Marco Mangani im Interview: «Sicherheit bildet das Fundament unserer Arbeit»
Der norwegische Ladesystem-Hersteller Zaptec gehört zu den etabliertesten Anbietern im Markt. Grund genug, uns mit Marco Mangani, COO von Zaptec Schweiz, über die grössten Herausforderungen der Branche zu unterhalten. Wie sieht eine benutzerfreundliche Ladeinfrastruktur aus, wie gewährleistet diese die Sicherheit von Mensch und Fahrzeug und welche Rolle spielen Technologien wie bidirektionale oder drahtlose Lademöglichkeiten? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der gelernte Elektriker im Interview.
Der E-Auto-Boom ist ein wenig abgeflacht, wie die neuesten Zulassungszahlen bestätigen. Bemerkt Zaptec als Ladelösungsanbieter ebenfalls eine sinkende Nachfrage?
Marco Mangani: Indirekt schon, da die Nachfrage nach Ladestationen direkt mit dem Verkauf von Elektrofahrzeugen verknüpft ist. Dennoch sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass der Boom nicht abgeschwächt ist, sondern dass wir im Moment eine Atempause haben. Wir glauben, dass sich der Markt wieder regenerieren wird. Norwegen zeigt, dass die E-Mobilität sicherlich die Art ist, wie man sich in Zukunft fortbewegen wird, auch aus ökologischen Gründen. Die Kombination E-Antrieb und Batterie ist wirkungsgradtechnisch einfach unschlagbar – und diese Technologie wird sich durchsetzen. Trotz der Stagnation konnten wir unsere Verkaufszahlen aber halten und unseren Marktanteil sogar ausbauen.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für die Installation von Ladelösungen in der Schweiz? Benötigt die Schweiz ein «Recht auf Laden» zu Hause?
Marco Mangani: Eine der grössten Herausforderungen in der Schweiz sind die vorherrschenden Wohnverhältnisse. Als Mieterland sind viele Bewohner auf die Zustimmung von Eigentümern und Verwaltungen angewiesen, wenn es um die Installation von Ladeinfrastruktur geht. Die Entscheidung für ein Elektroauto, wenn man weder zu Hause noch am Arbeitsplatz laden kann, fällt dann nicht leicht. Ob es aber ein «Recht auf Laden» braucht, ist schwierig zu beantworten. Ich könnte mir vorstellen, dass wir die Barriere bei den Eigentümern lösen können, ohne dass es eine explizite rechtliche Regelung braucht. Das Hauptproblem liegt oft im mangelnden Wissen: Viele sehen nur die Investitionskosten, nicht aber den langfristigen Mehrwert. Dabei steigert der Ausbau der Ladeinfrastruktur den Immobilienwert, und die tatsächlichen Kosten sind vergleichsweise gering. Zudem bieten einige Kantone Fördergelder an, die die Grundinstallation refinanzieren.
Welche Aspekte sind bei der Entwicklung und Umsetzung einer zuverlässigen und benutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur besonders wichtig?
Marco Mangani: Sicherheit hat für uns oberste Priorität und bildet das Fundament unserer Arbeit. Von Beginn an haben wir uns darauf konzentriert, höchste Sicherheitsstandards und Qualität zu gewährleisten. Gleichzeitig blicken wir stets in die Zukunft, um kommende Kundenbedürfnisse vorauszusehen. Unser Ziel ist es, innovative Lösungen zu entwickeln, die nicht nur aktuelle Anforderungen erfüllen, sondern auch langfristig relevant bleiben. Dabei geht es nicht nur um das Laden zu Hause. Unsere Lösung ist modular konzipiert, was besonders für Firmen sehr interessant ist. Sie können beispielsweise mit der Installation von Rückplatten beginnen und dann nach und nach Ladestationen hinzufügen, wenn sie ihre Flotte elektrifizieren. Wir können auch Lösungen anbieten, bei denen bestimmte Parkplätze priorisiert werden, zum Beispiel für Aussendienstmitarbeiter. Ausserdem sind wir auch in der Lage, den Stromverbrauch genau zu messen. Die Zaptec Pro Station hat einen eingebauten Zähler mit MID-Zertifizierung. Dieser misst den Strom in der gleichen Genauigkeit wie die Wohnungszähler vom Energieversorger. Für die Weiterverrechnung der Ladeenergie, zum Beispiel an Wohnungsmieter oder Firmenmitarbeiter, sind gemäss Messmittelverordnung des Bundes MID-zertifizierte Ladestationen erforderlich.
Sie erwähnen die Wichtigkeit des Themas Sicherheit. Welche Sicherheitsfeatures implementiert Zaptec in seine Ladestationen, um Nutzer und Fahrzeuge zu schützen?
Marco Mangani: Unsere skalierbare Zaptec Pro Ladelösung erfüllt höchste Sicherheitsanforderungen. Der integrierte Leitungsschutzschalter sorgt sowohl bei Kurzschluss- als auch bei Überstromsituationen für umfassende Sicherheit. Der ebenfalls integrierte RCD Typ B entspricht der Norm IEC EN 61008-1/IEC EN 62423 und wurde anhand von Prüfberichten externer Quellen verifiziert. Folglich erfüllt die Konstruktion die Anforderung der mechanischen Kopplung (4 Pole) und die Toleranzanforderungen für 500 A Schliesser und Öffner und 3000 A Kurzschluss. Bei der Zaptec Go Version, die für Einfamilienhäuser geeignet ist, ist ein DC-Erkennungsschutz integriert. In der Hausinstallation braucht es für den Personenschutz dann nur noch einen RCD-Typ A. All unsere Produkte – sowohl die Zaptec Go als auch die Zaptec Pro – entsprechen der elektrischen Sicherheit gemäss IEC EN 61851-1 und anderen einschlägigen Normen. Dies wurde von einem externen Prüflabor getestet und umfasst auch die Prüfung der Isolierung bei Überspannung.
Und wie sieht es in Sachen Cybersicherheit aus?
Marco Mangani: Wir haben ein sehr erfahrenes Team von Entwicklern in Norwegen und setzen auf durchgängige Verschlüsselung: Alle Kommunikation zwischen unseren Ladestationen und der Cloud-Lösung erfolgt über gesicherte Verbindungen. Unsere in Europa ansässige Cloud-Infrastruktur unterliegt den strengen europäischen Datenschutzrichtlinien. Dies gewährleistet nicht nur den Schutz vor unbefugtem Zugriff, sondern auch vor möglichen Manipulationsversuchen.
Gehen wir ein wenig auf die Technik ein. Vereinfacht gesagt sind Ladestationen auch nur smarte Steckdosen. Was hat sich in den letzten Jahren bezüglich der Technologie für Ladestationen verändert?
Marco Mangani: Die Erwartungen und Bedürfnisse haben sich verändert. Vernetzung ist heute unerlässlich, besonders für die Abrechnung durch Drittanbieter, die Zugriff auf Nutzungsdaten benötigen. Zudem ist eine hohe Verfügbarkeit der Stationen entscheidend geworden, da die Datenerfassung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Je nachdem, wer der Ansprechpartner ist, sind die Bedürfnisse und Erwartungen auch unterschiedlich. Mieter wünschen sich vor allem Einfachheit – sie möchten ihr Fahrzeug unkompliziert anschliessen und laden können. Vermieter hingegen benötigen detaillierte Verbrauchsdaten, um eine genaue Abrechnung zwischen den Mietern zu ermöglichen. Investoren haben wiederum langfristige Ziele im Blick: Sie streben nach zufriedenen, langfristigen Mietern und suchen daher nach kostengünstigen, zuverlässigen Lösungen, die sich leicht auf mehrere Immobilien übertragen lassen.
Wie sieht Zaptec die Entwicklung der Batterietechnologie und deren Einfluss auf Ladelösungen? Der Feststoffbatterie wird beispielsweise grosses Potenzial zugesagt. Braucht es hier technologische Anpassungen seitens der Ladeinfrastruktur?
Marco Mangani: Nach meiner Einschätzung wird die Grundfunktion einer AC-Ladestation davon nicht beeinflusst werden. Wir liefern Wechselstrom ins Fahrzeug, während Batterien Gleichstrom benötigen. Die Umwandlung erfolgt weiterhin im Fahrzeug selbst. Was sich ändern könnte, sind die Ladeleistungen. Derzeit laden Standardfahrzeuge bei dreiphasigem Anschluss typischerweise mit 11 Kilowatt, während einige Luxusmodelle bereits bis zu 22 Kilowatt unterstützen. Es ist denkbar, dass sich diese höhere Leistung in Zukunft als neuer Standard etabliert. – für uns ist das aber kein Problem, unsere Ladegeräte können heute schon zwischen 0 und 22 Kilowatt Leistung abgeben.
Welche Rolle spielen bidirektionales Laden und Vehicle-to-X-Technologien in Zaptecs Strategie?
Marco Mangani: Technisch ist das bidirektionale Laden eine spannende Sache – welcher wir uns natürlich nicht verschliessen und die in Zukunft auch immer wichtiger werden wird. Wir haben im Frühsommer unsere strategische Partnerschaft mit Polestar bekannt gegeben, nicht nur damit diese unsere Ladestationen im Shop an Endkunden verkaufen, sondern auch für eine technische Zusammenarbeit im Bereich V2X. Unsere Produkte, sowohl die Pro-Version als auch die neue Go 2, sind aber bereits heute normtechnisch und hardwareseitig dafür vorbereitet.
Wie sieht es mit drahtlosen Ladetechnologien aus? Ist das induktive Laden Zukunft oder eher Rohrkrepierer?
Marco Mangani: Ich denke, das wird sicherlich ein Thema werden, aber es gibt noch gewisse Hürden zu nehmen. Einerseits ist die Ladeleistung eher gering, die Verluste dagegen gross, dazu werden auch Felder generiert, die für Menschen, beispielsweise mit Herzschrittmachern, problematisch sein könnten. Des Weiteren gibt es noch keine in Serie produzierten Fahrzeuge, die induktiv geladen werden können. Das Thema wird in Zukunft, vor allem im Zusammenhang mit autonomem Fahren, bei dem das Fahrzeug sich ohne menschlichen Fahrer auch irgendwie aufladen muss, aber definitiv Fahrt aufnehmen.
Ein essenzieller Baustein für den grossen Durchbruch der E-Autos dürfte ein gut ausgebautes Schnellladenetz sein. Gibt es Bestrebungen seitens Zaptec, in Zukunft auch Schnellladelösungen anzubieten?
Marco Mangani_ Für uns liegt der Fokus ganz klar auf AC-Ladestationen. Über 80 Prozent der Ladevorgänge werden zu Hause oder am Arbeitsplatz getätigt. Schnellladestationen braucht man hauptsächlich für lange Strecken. Wir sind der Meinung, es gibt Player am Markt, die da viel stärker sind, und wir sollten uns auf das fokussieren, wo wir uns stark sehen, und das sind AC-Ladelösungen.