Erneuerbare Energie aus Biomasse
Ist eine Kleinbiogasanlage beim Ersatzneubau des Reiterhofs Rainbow-Ranch technisch und wirtschaftlich umsetzbar? Diese Frage haben Studierende der ABB-Technikerschule im Rahmen einer Machbarkeitsstudie für die Enerpeak AG geprüft.
Aufgrund der kommunalen Vorgaben bezüglich der Minderungen der CO2-Emissionen und angeregt durch die Energieperspektiven 2050+, hat sich die Enerpeak AG in Zusammenarbeit mit der Rainbow-Ranch entschieden, eine Machbarkeitsstudie für eine Kleinbiogasanlage durchzuführen. Enerpeak hat dies als Projektauftrag für eine Diplomarbeit der ABB-Technikerschule vergeben.
Die Enerpeak AG ist ein neutrales Elektroingenieurunternehmen in Dübendorf, das grossen Wert auf erneuerbare Energien setzt und spezialisiert ist auf die Projektierung von Industrie-, Gewerbe-, Büro- und Wohnbauten sowie auf die Planung von energie- und sicherheitstechnischen Gesamtlösungen. Die Rainbow-Ranch ist ein Reiterhof in der Gemeinde Ziegelbrücke und bietet als Begegnungsstätte für Ponys, Pferde und Menschen für alle ein passendes Angebot.
Die erste Analyse
Bei der ersten Begehung der Rainbow-Ranch durch das Projektteam der Studierenden, bestehend aus Daniel Aebi, Patrick Röthlisberger und Vladimir Djordjevic, wurde festgestellt, dass jedes Jahr hohe Mistkosten anfallen. Die rund 30 Pferde und Ponys produzieren jedes Jahr circa 100 Tonnen Mist, der entsorgt werden muss. Die Entsorgungskosten betragen jährlich rund 6000 Schweizer Franken. Mit der Realisierung einer Kleinbiogasanlage könnten die Entsorgungskosten eingespart und im Gegenzug Strom und Wärme erzeugt werden.
Erste Erkenntnisse
Das Projektteam setzte sich umgehend mit diversen Anlagenherstellern zusammen, um eine bestmögliche Lösung zu finden. Da der Trockenanteil bei Pferdemist hoch ist, musste mit dem Trockenfermentation-Verfahren geplant werden. Die Trockenfermentation erfolgt in mehreren Fermenter-Boxen, wie in der Abbildung dargestellt.
Der Anlagenhersteller Renergon ist einer der Marktführer in der Schweiz für Lösungen und Technologien rund um die Biogasproduktion aus biogenen Abfällen. Die Verantwortlichen der Renergon erklärten dem Projektteam, dass die kleinste Biogasanlage mit dem Trockenfermentation-Verfahren, die in der Schweiz gebaut wurde, 4000 Tonnen Mist pro Jahr vergärt. Das ist 40-mal mehr, als die zu planende Anlage für die Rainbow-Ranch jährlich produziert.
Ein Prototyp im Massanzug
Ein Prototyp musste also her! Das Projektteam entschied sich dafür, eine massgeschneiderte Anlage für die Ranch zu planen. Mit dem Know-how, das bis dahin bei den Anlagenherstellern gesammelt wurde, wurde die Planung für das Erstellen einer Prototyp-Anlage mit dem Verfahren der Trockenfermentation in Angriff genommen: Die einzelnen Komponenten wurden herausgesucht und die Anlage entsprechend den Anforderungen der Rainbow-Ranch dimensioniert. Die Herausforderung lag darin, dass Komponenten wie beispielsweise das Blockheizkraftwerk in so einer kleinen Dimension schwer zu beschaffen sind. Schwer, aber nicht unmöglich für das Projektteam, welches die passenden Komponenten erfolgreich zusammenstellen konnten.
Wie wirtschaftlich kann eine so kleine Anlage sein?
Eine Biogasanlage ohne staatliche Förderung kann grundsätzlich nicht wirtschaftlich betrieben werden. Die Einspeisevergütung (KEV) war bis Ende 2022 befristet. Um die Zielwerte von erneuerbarer Energie gemäss der Energiestrategie zu erreichen, müssten die Investitionsbeiträge weitergeführt werden. Das Bundesamt für Energie (BFE) hatte im Jahr 2020 einen Bericht veröffentlicht, in dem ein Schweizer Unternehmen Fragen bezüglich den Investitionsbeiträgen für landwirtschaftliche Biogasanlagen untersucht hatte. Diese Untersuchung ergab, dass mit einer Förderung bis 60 Prozent der Investition eine Biogasanlage nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Seit dem 1. April 2022 war eine Verordnung über die Förderung der Produktion von Elektrizität aus erneuerbarer Energie (EnFV) in der Vernehmlassung. Die Verordnung ist ab Januar 2023 in Kraft getreten. Solange keine Änderungen erfolgen, wird der Beitrag von 60 Prozent der Investition den Anlagenbetreibern zurückerstattet. Zusätzlich werden ein Grundbeitrag sowie ein Bonus, je nach Leistung und Anforderung der Anlage, zurückerstattet. Somit sollten künftig auch besonders kleine Biogasanlagen wirtschaftlich betrieben werden.
Die Wirtschaftlichkeit wurde mit drei Szenarien gerechnet:
- Szenario 1: Aktuelle Substratverfügbarkeit
- Szenario 2: Aktuelle Substratverfügbarkeit +20 Prozent
- Szenario 3: Aktuelle Substratverfügbarkeit +100 Prozent
Die Investition über eine Betrachtungsdauer von 20 Jahren beträgt bei Szenario 1 und 2 circa 260 000 Schweizer Franken und bei Szenario 3 bei circa 303 000 Schweizer Franken. Mit den Einspeisevergütungen von 39 Rp./kWh wird der sogenannte Payback auf 18,28, 14,63 und 10,31 Jahre veranschlagt. Da die Anlage modular erweiterbar ist, kann die Wirtschaftlichkeit bei Erweiterungen der Anlage zudem laufend verbessert werden.
Dipl. Energie- und Umwelttechniker/innen HF sind Spezialisten in anspruchsvollen Energie- und Umweltfragen. Dabei übernehmen sie die Verantwortung für eine energieeffiziente und umweltgerechte Leistungserbringung. Sie bauen oder implementieren Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energieformen und der Umwelttechnologie. Zudem sind sie für den energieeffizienten, umweltgerechten Betrieb technischer Systeme verantwortlich – Energieeffizienz, nachhaltige Verfahren und Umweltaspekte stehen im Fokus ihrer Tätigkeit.
Das Besondere an einem Studium an einer Höheren Fachschule ist, dass dieses ohne Berufsmatura absolviert werden kann. Vorausgesetzt werden ein EFZ und eine einschlägige Berufstätigkeit während des Studiums von mindestens 50 Prozent. Die Vernetzung zwischen den Lehrfächern sowie von Theorie und Praxis hat bei der ABB-Technikerschule einen sehr hohen Stellenwert.
Die ABB-Technikerschule mit Standorten in Baden und Sursee ist eine öffentliche Bildungsinstitution in der Höheren Berufsbildung und bietet technisch ausgebildeten Berufsfachleuten berufsbegleitende Bildungsgänge, Nachdiplomstudien und zukunftsgerichtete Weiterbildungsformate an. Sie wurde 1971 gegründet, ist eidgenössisch anerkannt und nicht-profitorientiert.