KNX – So entstand die Konnektivität
Hinter einem Grosserfolg steckt oft eine einfache, aber gute Idee: KNX, der standardisierte Feldbus für die Gebäudeautomation, feiert dieses Jahr sein 35-jähriges Bestehen. Weltweit anerkannt, ermöglicht dieser offene Standard nicht nur die Integration von Geräten verschiedener Hersteller, sondern auch deren vielseitige und flexible Anwendung. Eine Reise zu Gira im Bergischen Land, Nordrhein-Westfalen, wo alles begann.
Er kann alle Funktionen eines Gebäudes miteinander vernetzen, programmieren und steuern – von der Heizung über die Beleuchtung bis hin zum Sicherheitssystem. Damit ermöglicht der KNX-Standard eine zentrale Steuerung, zum Beispiel auch über mobile Geräte, und erhebliche Energieeinsparungen. Ursprünglich hiess das System «Instabus», danach «EIB» und dann «Konnex», wobei KNX als Verkürzung des letzteren Namens entstand, der aus «Connexio» (Lateinisch: Verbindung) abgeleitet war.
Aus KNX wurde ein Erfolg. Heute gehören 500 Hersteller weltweit zu diesem Netzwerk mit mehr als 8000 intelligenten Produkten und zertifizierten KNX-Komponenten. Rund 90 000 Systemintegratoren und geschulte Spezialisten installieren, parametrieren und programmieren Lösungen für die vernetzte Gebäudeautomation.
Was heute der internationale Standard kabelgebundener Bus-Systeme ist, war anfänglich eine Idee eines überschaubaren Kreises einiger Schalterhersteller aus dem Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen. Pioniere wie Gira, Berker, Jung, Merten und Siemens (alle aus Deutschland) gründeten mit weiteren europäischen Unternehmen die European Installation Bus Association (EIBA) mit Sitz in Brüssel. Der Zusammenschluss umfasste 15 Hersteller der Gebäudesystemtechnik. Das Ziel: Ein herstelleroffenes System zur Steuerung von Gebäudefunktionen schaffen.
Einzigartig: Vision stand über Konkurrenzdenken
Das Besondere daran war das gemeinsame Vorgehen von Industrieunternehmen, die in der Elektroinstallation im Wettbewerb zueinander standen (und heute immer noch stehen). Das Konkurrenzdenken war schwächer als die Vision, mit partnerschaftlicher Anstrengung und gemeinsam finanzierter Entwicklungsarbeit einen Markt zu erschliessen, der damals nur ansatzweise vorhanden war. Seitens Gira waren es vor allem die beiden Geschäftsführer Werner und Helmut Giersiepen, die schon zuvor in Entscheidungen ein Marktgespür bewiesen hatten und in der Automation und Steuerung von Gebäuden im Privatbau eine Chance sahen. Dabei konnten Sie auf eine positive Erfahrung zurückgreifen: Mit eingebunden in den Kreis der Schalterhersteller war auch die Firma Insta, welche seit den 1970er-Jahren Entwicklungsaufträge von Berker, Jung und Gira erhalten hatte – ein Joint Venture, auf dem man aufbauen konnte.
Der Grundgedanke des herstelleroffenen Systems ist bis heute Realität, und zwar uneingeschränkt: Alle Entwicklungsdokumente, die ein Hersteller von KNX-Produkten benötigt, sind frei zugänglich, sowohl für die grossen Anbieter als auch die in der Nische.
Die Steuerung von Beleuchtung, Jalousien, Heizung, Multimedia- und Sicherheitskomponenten lassen sich in einem KNX-System «smart» vernetzen. Über verschiedene Interface-Produkte ist zudem die Einbindung eines Gira-Türkommunikationssystems möglich – was für noch bequemeres Wohnen oder Arbeiten sorgt.
Im Zentrum steht der Gira KNX-Taster, ein kostengünstiges Bedienelement, das sich besonders im privaten Bereich als Einstieg in die KNX-Welt empfiehlt. Dieser lässt sich zwar bedienen wie ein Tastschalter, doch das Schalten z.B. von Leuchten ist einfacher als mit einem Tastsensor.
Der KNX-Taster ermöglicht charakteristische Bus-Funktionen wie das Schalten und Dimmen von Licht, die Steuerung ganzer Lichtszenen oder das Hoch- und Herunterfahren von Jalousien. Erhältlich ist er in einfacher und zweifacher Ausführung, mit zwei bis vier Funktionen und Status-LED, die rot, grün oder blau konfiguriert wird. Umfangreiche Funktionen lassen sich mittels ETS parametrieren wie z.B. eine Status-LED, die nur nachts als Orientierungsleuchte leuchtet oder tagsüber in geringerer Helligkeit leuchtet.
Aus robustem Material, eignet sich der rasch installierbare Taster auch für öffentliche Gebäude. Zudem verfügt er über einen Temperatursensor, einen integrierten Bus-Ankoppler und hält die Daten gemäss «KNX-Secure»-Standard sicher. Zu guter Letzt ist er zukunftsfähig: Bereits eingebaute Geräte werden mit neuen Funktionen, Sicherheits-Updates oder Fehlerbehebungen einfach über die «Gira ETS Service»-App aktualisiert.
Aus der Gruppe heraus hat dann Siemens den Entwicklungsauftrag und die auf fünf Jahre festgelegte exklusiven Lieferrechte für die Bus-Ankoppler erhalten. Vom Herstellerkreis wurde auch festgelegt, dass es für KNX eine einheitliche Programmiersoftware geben soll, die dann von der Dachorganisation bereitgestellt wurde – der heutigen KNX Association. Entstanden ist die standardisierte Engineering-Tool-Software (ETS), die ein Zusammenspiel der Komponenten verschiedener Hersteller sicherstellt und zu der es ab 1992 erste Anwenderschulungen gab.
Gira verfolgte vor allem die Idee, die Gebäudesteuerung zentral zu visualisieren und an das seit Ende der 1980er-Jahre rasant wachsenden World Wide Web anzukoppeln – die Geburtsstunde des «Gira HomeServers» schlug 1998. Die erste Version, als reine Software auf CD, lief über Windows 95 und wurde per Modem angesteuert. Zwei Jahre später besass der «HomeServer 2» erstmals ein festes Gehäuse, lief mit Linux und ging über ISDN ins Internet. Seinerzeit war es das erste Gerät, das eine Internetanbindung für die Gebäudetechnik bereitstellte. Schon damals erachtete Gira die Kompatibilität der regelmässigen Updates stets als zentral, was vor allem von den Systemintegratoren geschätzt wurde (und noch immer geschätzt wird).
Der Schub der Handys und Smartphones
Einen Schub für die Gebäudetechnik und den «Gira HomeServer» verschaffte die Einbindung der Handys und später den Smartphones. Insbesondere die letzteren trugen zur Beschleunigung der Bedienung und zur Verbesserung der Visualisierung bei, und über das iPhone hielten auch die Apps Einzug in die Gebäudesteuerung. An der Systemintegratoren-Tagung 2008 stellte das Unternehmen das Interface für den «HomeServer» vor, eine professionelle Bedienoberfläche, die nicht nur auf den Wandbediengeräten «Gira Control 9» und «Gira Control 19» läuft, sondern auch auf Smartphones und Tablets.

35 Jahre KNX – im Rückblick eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Die aber auch Probleme aufwarf, wie Dipl.-Ing. Karl Harald Kleinert, Trainer Gira Akademie, aus eigener Erfahrung weiss. Denn das Elektrohandwerk war auf diesen, auch technischen Quantensprung der Gebäudeautomation nicht vorbereitet. Gira entwickelte daraufhin verschiedene Lösungskonzepte, beispielsweise die Schulung des eigenen Vertriebspersonals speziell für die Gebäudetechnik. Die sogenannten Vertriebsingenieure unterstützten das Handwerk vor allem bei der Programmierung und Beratung.
Ein wichtiger Hebel bei der Marktdurchdringung war das Konzept der Systemintegratoren von Gira, das 2005 Gestalt annahm. Hier versammelten sich diejenigen Elektroinstallateure und -planer, die schon früh das Potenzial von KNX als Marktzugangsschlüssel zum Smart Home erkannt hatten, und Ingenieurbüros, die aus dem Gewerbe- und Industriebau erprobte Lösungen auch in den Privatbau übertragen wollten.
Hinzu kam eine breite Schulungsinitiative in allen Bereichen von KNX, die heute in der «Gira Akademie» zusammengefasst ist. Hier hat aber auch die Zeit dem Hersteller in die Hände gespielt. Denn zur Akzeptanz der intelligenten Gebäudetechnik beigetragen hat die Entwicklung der modernen Kommunikation vom E-Mail bis zum Smartphone. Heute legt die berufsschulische Ausbildung ein anderes, breiteres Fundament und liefert damit ein Vorwissen, dass sich jeder aufgeschlossene Elektromeister zu Beginn von KNX mühsam erarbeiten musste.
Geschichte von KNX mit jener des «HomeServer» verbunden
Karl Harald Kleinert fasst die 35 Jahre Entwicklung von KNX aus seiner Sicht zusammen: «Wenn ich den Anfangs- und Endpunkt dieser Zeitspanne betrachte, sehe ich gewaltige Unterschiede. Während heute Gebäudetechnik für die Digital Natives das Selbstverständlichste ist, war es vor 30 Jahren eine unserer ersten Aufgaben, dem Handwerker beizubringen, den PC als Werkzeug zu benutzen.» Durchaus selbstkritisch merkt Kleinert aber auch an, dass bei allen Beteiligten fast ausschliesslich der Elektroinstallateur im Fokus der Vermarktung stand, während der Endkunde als treibende Marktkraft zu lange ausser Acht blieb. Diese Einseitigkeit hat Gira längst korrigiert, aktuell etwa durch den neuen Markenauftritt, der primär auf den Endanwender zielt, was letztlich auch dem Elektrofachhandwerk zu Gute kommt.

Aus der Sicht von Gira ist die KNX-Geschichte untrennbar mit jener seines HomeServers verbunden, der bis heute ein Alleinstellungsmerkmal besitzt, kontinuierlich weiterentwickelt und mit Updates versehen wird. Ihm zur Seite gestellt haben die Entwickler aus dem Bergischen Land 2017 den Kompaktserver «Gira X1». Während der «Gira HomeServer» auf das Premiumsegment des Smart Home zielt, eignet sich der «Gira X1» für kleinere Objekte und einfachere Lösungen. Bekanntlich ist ein Smart Home heute kein Luxus mehr, sondern in weiten Teilen der Gesellschaft angekommen.
Die Entscheidung für den «Gira X1» basiert aber auch auf der Erkenntnis, dass der Hersteller für seine Gebäudetechnik bislang viele Softwaresysteme benötigt hat. Parallel wurde der «Gira Projekt Assistent» entwickelt; eine Softwarelösung, die Schritt für Schritt die durchgängige Verbindung zwischen den einzelnen Systemen schafft – etwa zum Sicherheitssystem «Alarm Connect» oder zur Türkommunikation. Und das ist für den Elektroinstallateur eine enorme Erleichterung.
2024 wurde mit der Gira Swiss GmbH in Feusisberg (SZ) auch eine Vertriebsgesellschaft in der Schweiz eröffnet. Sämtliche Gira-Produkte sind darüber hinaus über die Elektro-Material AG erhältlich.