Kein smartes Building ohne smart Charging
Es liegt auf der Hand, damit ein Smart Building seinem Namen wirklich gerecht werden kann, benötigt es intelligente Komponenten – beispielsweise eine smarte Ladestation. Auf welche Features gilt es daher bei der Auswahl besonders zu achten?
Folgendes Szenario: Ein Kunde kauft für das eigene Heimkino einen Projektor der neuesten Generation mit 8K-Auflösung. Als Dankeschön für den Kauf gibt der Händler dem Käufer ein hübsch verpacktes Geschenk mit den Lieblingsfilmen des Kunden darin mit! Die Freude des Käufers ist gross, bis zu Hause beim Auspacken festgestellt wird, dass die Filme alle auf uralten VHS-Kassetten sind. Damit wird das Heimkinoerlebnis natürlich massiv getrübt.
Das fiktive Szenario mag absurd klingen – Ähnliches kommt aber beim Kauf von Elektroautos immer wieder vor. Dort werden Ladestationen für das neue Auto mitgegeben, ohne die Gegebenheiten in der Garage der Käufer zu berücksichtigen. Dies kann für Frust und zusätzliche Kosten sorgen, wenn im Nachhinein das gut gemeinte Geschenk demontiert und eine andere Ladelösung installiert werden muss. Aber über welche smarten Features sollte eine Ladestation denn verfügen, um sie nahtlos ins Smart Building integrieren zu können?
Kommunikation als A und O
Ein zentraler Mehrwert eines Smart Buildings liegt im intelligenten Zusammenspiel einzelner Komponenten. Voraussetzung dafür ist eine Vernetzung dieser Geräte untereinander – ohne Kommunikation kein Smart Building. Diese Kommunikation ist idealerweise flexibel und zukunftssicher. Damit dies der Fall ist, muss eine Ladestation über eine Netzwerkschnittstelle (WLAN, eSIM etc.) verfügen, den offenen Ladepunkt-Kommunikationsstandard (OCPP) unterstützen und im besten Fall eine API-Schnittstelle aufweisen.
Der grosse Vorteil einer API-Schnittstelle ist die Möglichkeit, mehrere Drittsysteme parallel einzubinden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass neben einem übergeordneten Lastmanagement zusätzlich eine Solarregelung und ein Zahlungsdienstleister die Ladestation ansteuern bzw. abfragen können. Aber Achtung: API ist nicht gleich API. Eine gut dokumentierte und kostenlose API ist hier von grossem Vorteil.
Aus Sicht des Installateurs bietet eine Online-Anbindung den Vorteil, dass im Supportfall zunächst eine Ferndiagnose der Ladeinfrastruktur möglich ist und basierend darauf entschieden werden kann, ob ein Vor-Ort-Einsatz überhaupt notwendig ist. Dank automatischen Over-the-air-Updates können zudem Ladestationen stets auf dem aktuellsten Stand gehalten, allfällige Schwachstellen behoben und zusätzliche Features bereitgestellt werden.
«Smart» beginnt schon bei der Installation
Durchdachte Ladelösungen spielen ihre Stärken bereits bei der Installation aus. Und hier gibt es riesiges Potenzial für Zeiteinsparungen! Grosse Vorteile bieten modulare Systeme. Deren Grundlage stellt in der Regel eine kostengünstige Rückplatte dar, welche eine einfache Grundinstallation (SIA C2 – Power to Parking) ermöglicht.
Besonders praktisch sind Modelle, deren Rückplatten sich mittels Handy-App für Installateure vorkonfigurieren lassen. Diese bieten den Vorteil, dass eine Erweiterung der Ladeinfrastruktur vorausschauend geplant sowie zeitsparend und kostengünstig realisiert werden kann. Dabei entsteht weder zusätzlicher Installationsaufwand, noch muss die Konfiguration erneut gemacht werden. Denn ist die Rückplatte einmal konfiguriert, kann später nur noch das Modul eingesetzt werden, welches alle nötigen Komponenten zum Aufladen des Fahrzeugs beinhaltet. Bei besonders cleveren Modellen funktioniert das Einsetzen des «Lademoduls» als Plug and Play gar ganz ohne Werkzeug. Dadurch werden bei grossen Ladeinfrastrukturen rasch Zeitersparnisse von mehreren Stunden möglich!
Smarte Konfiguration und Bedienung: natürlich via App
Für den Nutzer wird die Ladestation dann wirklich smart, wenn man sie von überall bedienen kann. Voraussetzung hierfür ist ein cloud-basiertes Nutzerportal oder eine entsprechende App, die Funktionalitäten wie Fernsteuerung der Ladestation, User Management oder Analytics und Reporting ermöglichen. Hier lohnt sich ein Vergleich der Anbieter-Portale, da sich diese in Umfang und Funktionen zum Teil erheblich unterscheiden. Gerade für eine Smart Building-Lösung ist dieser Aspekt zentral für die User Experience.
Auch für Installateure lohnt es sich, bei der User Experience genau hinzuschauen. Innovative Ladestationshersteller setzen vorwiegend auf die Konfiguration mittels App, in welcher Schritt für Schritt durch den Installationsprozess geleitet wird. Das heisst, nach Beendigung der Installationsarbeiten und Durchführung der vorgeschriebenen Messungen kann die gesamte Anlage mittels Hersteller-App konfiguriert, in Betrieb genommen und dem Nutzer übergeben werden.
Damit dem Smart Building nicht plötzlich der Strom ausgeht: Lade- und Lastmanagement
Wenn die Ladeinfrastruktur in Betrieb ist, muss der Strombedarf für die Elektromobilität mit dem restlichen Gebäude harmonieren. Ein dynamisches, mehrstufiges Lade- und Lastmanagement ist zentral, damit das Smart Building wie gewünscht funktioniert. Mit diesem Management kann eine teure Erhöhung des Hausanschlusskastens (HAK) vermieden werden, da die vorhandene Kapazität optimal genutzt wird. Das System passt die Ladekapazität in Echtzeit an den Verbrauch des Gebäudes an. Es sorgt auch für den Lastausgleich zwischen verschiedenen Ladestromkreisen.
Wichtig ist, dass das Lastmanagement auch bei einem Internetausfall weiterhin funktionsfähig bleibt. Bei einigen Herstellern fällt nämlich im Offline-Fall das Lastmanagement aus.
Weil mit wachsender Anzahl Verbrauchern auch die Gefahr einer Schieflast am HAK steigt, gewinnt auch das Schieflastenmanagement an Bedeutung. Manche Hersteller von Ladestationen haben dies erkannt und ihre Systeme so entwickelt, dass sie gleich einen Lösungsansatz gegen mögliche Schieflasten anbieten: Das System von Easee verhindert beispielsweise nicht bloss Schieflasten, sondern trägt dank der dynamischen Phasenumschaltung aktiv dazu bei, dass die Belastung aller Aussenleiter des HAK möglichst ausgeglichen bleibt. So kann die Ladeinfrastruktur mit aktivem Offline-Schieflastenmanagement dazu beitragen, die durch einphasige Verbraucher erzeugte Schieflast auszugleichen.
Smart Geld sparen: Mit Sonnenstrom das Auto laden
Die Vorzüge einer Ladestation, die perfekt mit der gebäudeeigenen PV-Anlage harmoniert, liegen auf der Hand. Von besonderer Bedeutung für das Solarladen ist eine Ladestation mit automatischer Phasenumschaltung, die Ladevorgänge bereits ab 1,4 kW ermöglicht. So gelangt so viel Energie wie möglich ins eigene Auto, auch schon frühmorgens oder bei Bewölkung.
Sicherheit ohne Kompromisse
Damit die Ladeinfrastruktur innerhalb des Smart Buildings nicht zum Sicherheitsrisiko wird, enthalten smarte Ladestationen zahlreiche Sicherheitsfeatures. Natürlich verfügen auch Ladestationen über die traditionellen Schutzeinrichtungen elektrischer Anlagen wie Fehlerstrom- und Leitungsschutz. Während hierfür in vielen Ladestationen physische Komponenten verbaut werden, wird zum Beispiel bei den Ladestationen von Easee eine elektronische Lösung verwendet, welche bereits in den Ladestationen integriert ist.
Eine integrierte elektronische Lösung ermöglicht Kosteneinsparungen bei der Installation. Darüber hinaus bietet sie den Vorteil, dass sie nicht mehr regelmässig durch die Nutzer geprüft werden muss, sondern automatische Selbsttests durchführt. Auffälligkeiten werden den Nutzern umgehend in der App und per LED auf der Ladestation mitgeteilt und der Ladevorgang ggf. aus Sicherheitsgründen unterbrochen. Bei Easee beispielsweise erfolgen diese Selbsttests täglich und nach jedem Ladevorgang und damit viel öfter als beispielsweise die halbjährliche manuelle Auslösung eines externen RCD. Intelligente Ladestationen überwachen zudem via integrierte Sensoren weitere Parameter wie zum Beispiel Temperatur, Feuchtigkeit oder Spannungen.
Smart abrechnen
Die Abrechnung für den Verbrauch von Ladestationen erfolgt in der Regel auf eine von zwei Arten: Manuell mit Hilfe der Verbrauchsdaten aus dem Portal des Ladestationsherstellers oder automatisch via Einbindung eines externen Zahlungsanbieters. Um in einem ZEV eine korrekte Abrechnung sicherzustellen, ist es zudem wichtig, dass mit der API zuverlässig 15-Minuten-Lastgangwerte abgefragt werden können. Hier gilt es die Ansprüche der Nutzer zu kennen, um die ideale Lösung zu finden.
Das Auge lädt mit
Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen Ladestationen in der Garage relativ leicht mit einem Pneuschrank verwechselt werden konnten. Inzwischen gibt es auch für Smart Building-Besitzer mit einem Sinn für Ästhetik eine ansehnliche Auswahl an Ladestationen in allen Formen und Farben. Letztlich gilt aber auch bei Ladestationen, dass die Funktion wichtiger als die Form bleibt.