Elektroreinigung mit Trockeneis: Sicher unter Spannung

Eine sichere und saubere Reinigung von Elektroverteilungen unter Spannung? Mit Trockeneis ist das effizient, gründlich und insbesondere schonend möglich – ohne den Einsatz von Wasser und Chemie. Mit Druckluft werden Trockeneispellets auf eine hohe Geschwindigkeit beschleunigt. Diese sublimieren beim Aufprall, werden gasförmig und verschwinden rückstandsfrei.

Reinigung
Quelle: Electroclean

Eine Reinigung von Elektroverteilungen und -anlagen mit Trockeneis unter Spannung? Was auf den ersten Blick und in der Theorie äusserst abenteuerlich klingt, funktioniert in der Praxis bestens, wie die Electroclean AG beweist. In den vergangenen 16 Jahren seit der Gründung des Unternehmens wurden bereits so einige Kilometer an Serverracks, Schaltschränken, Verteilkabinen, Maschinensteuerungen und Batteriespeicher mithilfe von Trockeneis gereinigt. Das Besondere daran: Die Möglichkeit, auch unter Spannung zu reinigen, erlaubt es den Kunden, ohne Betriebsunterbrüche weiterzuarbeiten. Limitiert wird der Einsatzbereich praktisch nur durch den Einsatz der persönlichen Schutzausrüstung, welche ein Arbeiten nur bis 1000 V Spannung mit einem zu erwartenden Kurzschlussstrom von 20 kA zulässt, sowie der Art der Verschmutzung. Falls diese leitfähige Eigenschaften aufweist und die Gefahr bei einer Reinigung zusätzlich erhöht wird, ist eine Reinigung im spannungsfreien Zustand unerlässlich.

Etabliertes Verfahren

Die Schwesterfirma der Electroclean AG, die Polarjet AG, produziert das Trockeneis und die modifizierten Geräte, welche für die Reinigung nötig sind. Das Unternehmen kauft Kohlendioxid (CO2) unter Druck im flüssigen Zustand von einer nahe gelegenen Biogasanlage ein – gefiltert in der höchsten Reinheitsstufe. So werden auch Reinigungen in der Lebensmittelindustrie und in weiteren sensitiven Industriebereichen möglich.

Aus der Haustank-Anlage kann das flüssige CO2 bei Bedarf dann entnommen und in einem Pelletizer entspannt werden. Durch den Druckabfall entsteht die Temperatur von –78.5°C sowie eine feste Form, ähnlich wie Backpulver. Diese Ursprungsform von Trockeneis wird für die Reinigung von Leiterplatinen oder für sehr sensitive Anlagen direkt verwendet.

Der Pelletizer ist mit einem Hydraulikaggregat ausgerüstet und kann verschiedene Trockeneis-Pelletgrössen herstellen. So wird die Ursprungsform verdichtet und durch 1,5, 3 und 16 mm Matrizen gepresst. 1,5 mm-Pellets stellen die «Standardgrösse» für Reinigungsaufgaben im Elektro-Umfeld dar, 3 mm-Pellets werden für Trockeneis-Reinigungen an Werkzeugen oder Industriekomponenten eingesetzt und die 16 mm-Pellets kommen für Kühlaufgaben, beispielsweise Organtransporte, Laborproben oder für den Transport von tiefgefrorenen Lebensmitteln zum Einsatz.

Werden die Pellets in die Trockeneisgeräte eingefüllt, können diese ähnlich wie bei einem Sandstrahlverfahren mit einem hohen Druckluftvolumen beschleunigt werden. Auf dem Objekt prallen diese schlagartig auf. Dabei lösen sich durch die mechanische Aufprallenergie erste Schmutzablagerungen ab. Gefolgt von der sogenannten Sublimation wird das Pellet beim Aufprall sofort gasförmig und dehnt sich im Faktor 600 bis 1000 aus, effektiv also eine Gasdruckreinigung ohne zusätzlich eingebrachte Rückstände. Auch die Kälteeinwirkung kann bei klebrigen Rückständen wie Kakao, Klebstoffen und Kaugummi sehr interessante Ergebnisse zeigen. Durch die Arbeitsbewegung, ähnlich einer Lackierpistole, wird die Oberfläche nie so stark gekühlt, dass Komponenten Schaden nehmen könnten.

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Reinigung
Beispiel eines Trafos (Papierverarbeitungs­anlage) vor und nach der Reinigung.
Quelle: Electroclean
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Reinigung
Quelle: Electroclean

Mehrstufiges Reinigungsverfahren

Wer nun den Mahnfinger hebt über den CO2-Verbrauch dieses speziellen Reinigungsverfahrens, kann unbesorgt sein. Die Electroclean AG produziert kein zusätzliches oder neues CO2, sondern ist im Grundsatz «Recycler» und verwendet das Gas in einem Zwischennutzungsprozess. Alternative chemische Reinigungsverfahren stellen also eine weitaus grössere Umweltbelastung dar.

Im mehrstufigen Reinigungsvorgehen der Electroclean AG werden zuerst grobe Schmutzpartikel mit Spezialstaubsaugern entfernt. Parallel zum Trockeneisreinigen werden Absauglüfter installiert, welche den gelösten Feinstaub in Filtermatten an den Vakuumlüftern binden. Als letzter Arbeitsschritt erfolgt die nebelfeuchte Reinigung der Schaltschrankhüllen.

Dank der Ipaf-Ausbildung der Mitarbeitenden können auch Höhenarbeiten auf Hebebühnen ausgeführt werden, beispielsweise bei der Reinigung von Kabeltrassen. Ebenso können Doppelböden und Klima- oder Belüftungs-Kühlgeräte mit Trockeneis gereinigt werden, sodass komplette Technikräume in neuwertigem Zustand verlassen werden können. Kabel- und Bauteilbeschriftungen werden mit dem Trockeneisverfahren nicht entfernt, es sei denn, die Haftung des Klebstoffs der Beschriftungen ist in schlechtem Zustand. In solchen Fällen wird die Lage mit den Auftraggebern beurteilt und dokumentiert, respektive nach Möglichkeit neu beschriftet.

«Die Möglichkeit, auch unter Spannung zu reinigen, erlaubt es den Kunden, ohne Betriebsunterbrüche weiterzuarbeiten.»

Sicherheit an oberster Stelle

Electroclean arbeitet mit einer selbst entwickelten Checkliste. Diese klärt nebst administrativen Details vor allem zentrale Punkte über die Rechtsnorm nach Esti-Richtlinie (bspw. Betriebsinhaber, Anlageverantwortung) sowie technische Gegebenheiten der Installation (Einzelspeisung, Ringnetz, etc.) oder zusätzliche Gefahren auf der Baustelle, wie Absturzgefahren, Höhenarbeiten oder Information über EX-Zonen.

Die Einsatzbereiche decken ein weites Spektrum ab. Einerseits die präventive und mit Weitsicht geplante Instandhaltungsreinigung oder die Bau-Endreinigung vor der Inbetriebnahme. Elektroverteilungen werden früh in der Rohbauphase platziert, danach entsteht durch weitere Bauarbeiten (Montage von Kabeltrasse, Doppelböden, Brandschutz und/oder diversen Bohrungen) viel Schmutz. Bei Bauendreinigungen wird dann beispielsweise oft festgestellt, dass der Doppelboden als Müllschlucker missbraucht wurde. Ist dieser belüftet oder klimatisiert, wird der gesamte Betonstaub von unten in die neue Verteilung gedrückt. Dieser Staub hat in Verbindung mit Luftfeuchtigkeit eine korrosive Wirkung. Ist eine Bau-Endreinigung bereits im Projektumfang enthalten, verhindert dies zusätzliche Kosten oder gar Gerichtsfälle, welche die Bau-Endreinigung übersteigen.

Brand
Gerade bei Bränden ist eine saubere Reinigung unabdingbar. Auch hier kann das Trockeneisverfahren seine Stärken voll ausspielen.
Quelle: Electroclean

Ein weiteres Feld sind stark verschmutzte Anlagen, welche aufgrund eins Sina-Mängelberichts gereinigt werden müssen oder auch Fälle, wo eine Verteilung oder Maschinensteuerung bereits in Brand geraten ist. Gerade bei Bränden von Kunststoffen, herkommend von Kabelisolation und von Kabelkanälen, entsteht ein Cocktail von giftigen Gasen gepaart mit Löschpulvern oder Löschwasser, und so eine gefährliche Umgebung für die im Technikraum verbleibenden Verteilungen.

Fälle aus der Praxis zeigen, dass Versicherungen häufig eine zeitlich schnell verfügbare professionelle Reinigung der Verteilungen vor einem Komplettersatz der Installationen bevorzugen. Die Versicherungen übernehmen in solchen Fällen eine Garantie über einen längeren Zeitraum von einigen Jahren, damit Folgeschäden- oder auch spätere Ersatzkosten aufgrund von Störungen gedeckt sind.

electroclean.ch

Electroclean AG

Das 2008 gegründete Unternehmen führt von seinem Hauptsitz in Wil SG in der gesamten Schweiz Reinigungsarbeiten mit der Trockeneistechnologie aus – bei Bedarf auch nachts oder am Wochenende. Bereits zur Gründungszeit stand fest, dass diese Dienstleistung mit höchsten Sicherheitsstandards entwickelt werden muss, um Menschen und Anlagen nicht zu gefährden. Das Konzept wurde deshalb im Austausch mit Mitarbeitenden der Electrosuisse aufgebaut und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Esti stetig weiterentwickelt.