Einsparung durch schwarm-regulierte Beleuchtung

Intelligente Steuerung Analysen in einer Lokomotiv- und Triebwagen-Werkstatt der SBB in Zürich haben gezeigt, dass durch eine schwarm-regulierte Beleuchtung ein Energieeinsparpotenzial von 95 Prozent realisiert werden kann. Dabei trägt die intelligente Lichtsteuerung wesentlich mehr zur Einsparung bei als der blosse Austausch herkömmlicher Leuchtstofflampen durch LEDs.

S-Bahn-Zug im Depot der SBB.
Innenansicht des SBB-Depots G in Zürich.
Quelle: Stefan Gasser

In der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs liegen mehrere Werkstätten und Depots der Schweizerischen Bundesbahnen. Hier werden Lokomotiven, Triebfahrzeuge und Wagen parkiert und gewartet. Die Hallen im rund 15000 m² grossen Depot G werden noch mit alten Leuchtstofflampen beleuchtet, die den ganzen Tag brennen. Der westliche Anbau mit einer Fläche von 540 m² weist viel Tageslicht auf, welches durch die Oberlichter in die Halle dringt. In diesem Teil des Depots wurde in einem Pilotprojekt eine hocheffiziente LED-Beleuchtung mit ausgeklügelter Schwarmregulierung installiert.

Schwarmbeleuchtung in einer Industriehalle

Bei einer mit Schwarmelektronik geregelten Beleuchtung wird die künstliche Beleuchtung nicht nur in Abhängigkeit von Personenanwesenheit und Tageslicht reguliert, sie brennt auch nur dort im Raum, wo sich effektiv Personen aufhalten beziehungsweise zu wenig Tageslicht vorhanden ist. Wie ein Schwarm folgt die künstliche Beleuchtung den Personen, das Licht brennt also nur punktuell in voller Stärke. Das spart enorm viel Energie, wie das vorliegende Beispiel dokumentiert.

In der untersuchten Versuchsfläche wurden insgesamt 32 intelligente LED-Leuchten mit je 55 Watt Leistung der Firma Astra-LED aus Gossau installiert. Die Leuchten zeichnen sich neben der hohen Energieeffizienz vor allem durch hoch entwickelte Sensorik und ausgeklügelte Elektronik aus. Jede Leuchte besitzt eigene Sensoren für Präsenz und Tageslicht und ist via Bluetooth-Mesh mit allen anderen Leuchten verbunden. Die Leuchten lassen sich via-Smartphone-App parametrieren.

Die künstliche Beleuchtung folgt den Personen wie ein Schwarm, das Licht brennt also nur punktuell in voller Stärke.

Zusätzlich dient ein Gateway mit Handy-Netzanbindung dazu, die Einstellungen sowie alle gemessenen Daten ins Office des Herstellers zu senden und von da aus Anpassungen und Auswertungen durchzuführen.

Detaillierte Analyse des Energie-Einsparpotenzials

Um den Nutzen einer vernetzten sensor-gesteuerten Beleuchtung zu dokumentieren, wurden verschiedene Szenarien an Einstellungen bei der Sensorik gewählt. In total elf einwöchigen Messperioden zwischen Januar und März 2024 wurden die verschiedenen Szenarien eingestellt und immer wieder mit der optimalen Lösung, der Schwarmbeleuchtung von Präsenz und Tageslicht (Szenarium E), verglichen.

Die fünf Szenarien:

A: Dauerbetrieb am Tag, automatische Abschaltung am Abend

B: Präsenzregelung (ohne Tageslicht, ohne Schwarm)

C: Präsenzregelung mit Schwarm (ohne Tageslicht)

D: Konstantlichtregelung (ohne Präsenz und ohne Schwarm)

E: Konstantlicht- und Präsenzregelung mit Schwarm

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Abbildung 1 Energiebilanz der fünf Szenarien, referenziert an den Werten der SIA-Norm 387/4.
Quelle: Stefan Gasser
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Abbildung 2 typischer Tagesgang der Leistung mit Referenzeinstellung und im optimalen Betrieb.
Quelle: Stefan Gasser

Die Messungen in Abbildung 1 zeigen die aufs Jahr hochgerechneten Energieverbrauchswerte der fünf Szenarien verglichen mit den Werten der SIA-Norm 387/4, Version 2023.

In der Abbildung gut ersichtlich ist die grosse Reduktion des Energieverbrauchs in Abhängigkeit der gewählten Einstellungen des intelligenten Beleuchtungssystems. Die fünf Szenarien werden den Anforderungen der SIA-Norm 387/4 (Elektrische Energie in Gebäuden – Teil Beleuchtung) gegenübergestellt. Der ungeregelte Neuzustand der LED-Leuchten liegt genau beim SIA-Bestandeswert; das entspricht dem Grenzwert der früheren Norm aus dem Jahre 2017. Die normale Präsenzerfassung reduziert den Verbrauch um 20 Prozent, die Präsenzerfassung mit Schwarmfunktion um 60 Prozent. Am effektivsten ist die Lichtregulierung in der Halle mit guter Tageslichtversorgung; sie bringt runde 80 Prozent Einsparung. Die optimale Einstellung des Beleuchtungssystems mit Präsenz, Tageslicht und Schwarmregelung bringt knapp 90 Prozent Einsparung. Dabei ist der Ersatz der alten Leuchtstofflampen auf neue LED-Leuchten nicht einberechnet: Bei der Gesamtbetrachtung inklusive Lampenersatz sinkt der spezifische Energieverbrauch von rund 20 kWh/m² auf nur 1,1 kWh/m² – das sind 95 Prozent Energieeinsparung.

Hochgerechnet auf das gesamte Depot G mit 15 000 m² an beleuchteter Fläche ergäbe sich somit eine jährliche Energieeinsparung von 337 MWh/a. Bei einem Strompreis von 15 Rp./kWh entspricht das einer jährlichen Energiekosteneinsparung von rund 50 000 CHF.

Umfangreiche elektrische Messungen

Die Resultate der Fallstudie basieren auf hochauflösenden Messungen der elektrischen Leistung. Im Abstand von 90 Sekunden wurde in jedem Szenarium die aktuelle Leistung der 32 installierten Leuchten gemessen (total 60 000 Messungen). Daraus lassen sich für jeden Tag Lastprofile erstellen. Zwei davon sind in der Abbildung 2 dargestellt: Der rote Graf zeigt den Verlauf im Szenarium A (nur Schaltuhr) am 6. März und die grüne Kurve den optimal geregelten Betrieb 6 Tage später: 89 Prozent weniger Strom für die Beleuchtung!

Tageslichtmessung ist nicht gleich Tageslichtmessung

Das vorgestellte Praxisbeispiel in einer Halle mit guter Tageslichtversorgung dokumentiert die enorme Einsparung vor allem dank der optimal eingestellten Tageslichtsensorik.

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Abbildung 3 Anteil der Teilmassnahmen an der Gesamteinsparung.
Quelle: Stefan Gasser
Bei der Gesamtbetrachtung inklusive Lampenersatz sinkt der spezifische ­Energieverbrauch um 95 Prozent.

Die Qualität der Tageslichtmessung ist bei vielen handelsüblichen Sensoren unbefriedigend. Denn normalerweise messen die Sensoren von der Decke aus die Leuchtdichte direkt unterhalb des Sensors und ermitteln daraus eine ungefähre Beleuchtungsstärke auf der Arbeitsfläche. Weil aber die unter dem Sensor liegende Fläche hell oder dunkel sein kann und weil sich gerade in Werkstätten die sich unterhalb des Sensors befindenden Gegenstände ständig ändern können, ist eine Umrechnung der gemessenen Leuchtdichte auf die Tageslichtsituation im Raum sehr ungenau. Das führt zu einer wenig effizienten Lichtregulierung und verschenkt so ein grosses mögliches Einsparpotenzial.

Im hier vorgestellten Projekt kommt eine andere, viel effektivere Lichtmessung zur Anwendung. Es wird nämlich nicht die Leuchtdichte am Boden, sondern die gesamte Raumhelligkeit gemessen. Und unter Berücksichtigung, dass das Tageslicht ein anderes Lichtspektrum ausweist als LED-Lampen, wird das Tageslicht rechnerisch vom Gesamtlicht extrahiert und so ein genauer Bedarf an Kunstlicht ermittelt. Das Resultat ist eine deutlich präzisere Lichtmessung, wie das Beispiel des SBB-Depots G aufzeigt.

Die Abbildung 3 zeigt, in welchem Verhältnis sich die Gesamteinsparung auf die vier Teilmassnahmen aufteilt. Die Tageslichtregelung macht den grössten Anteil aus (40 Prozent), gefolgt vom Ersatz der Leuchten (25 Prozent) und der Schwarmregelung (25 Prozent). Es folgt die Präsenzsteuerung mit 10 Prozent.

slg.ch